Frank Schweizer
Konstantinopel – Das neue Rom am Bosporus
In Antike Welt 3/2007
ISBN-13:978-3-8053-3722-9
Der Bosporus, die schmalste Meeresenge zwischen Europa und Asien, war seit prähistorischer Zeit ein überaus bedeutender Seehandelsweg und häufig frequentierter Anziehungspunkt für unzählige Völkerscharen, die sich auf den Weg von einem Kontinent zum anderen machten. Spätestens ab der Bronzezeit, also bereits viele Jahrhunderte bevor die ersten Römer Fuß auf diesen Erdteil setzten, scheint die Kontrolle über diesen Knotenpunkt mit über Wohlstand und Macht entschieden zu haben. So verwundert es schließlich nicht, dass wir genau an dieser Naht- und Übergangsstelle auch jene Stadt finden, die nicht zuletzt Dank dieser geopolitisch vorteilhaften Lage von zentraler Bedeutung für einen ganzen Staat und seiner historischen Entwicklung wurde: Konstantinopel – Hauptstadt des Reiches, das wir seit dem 16. Jh. nach dem deutschen Humanisten Hieronymus Wolf als das Byzantinisches Reich bezeichnen.
Um 660 v. Chr. gründeten zunächst griechische Bürger von Megara am Goldenen Horn, an der heutigen Serailspitze, die nach dem legendären König Byzas benannte Kolonie »Byzantion« als Handels- und Militärstützpunkt. Schon bald prosperierte die Polis als Umschlagsort für Waren wie etwa Pökelfleisch, Fisch und Getreide von der Krim, das insbesondere für die Versorgung der Großstadt Athen von immenser Wichtigkeit war. Doch sollte es auch dieser Stadt im Grunde nicht viel anders ergehen als vielen anderen wohlhabenden Städten ihrer Zeit, die sich gezwungen sahen, ihr Hab und Gut durch massive Befestigungsanlagen gegenüber Feinden zu schützen und zu verteidigen. So musste Byzanz im Laufe seines Bestehens versuchen zahlreichen Belagerungen standzuhalten, Zerstörungen über sich ergehen lassen und Eroberungen hinnehmen. Perser, Athener, hellenistische Herrscher und Römer standen abwechselnd vor den mächtigen Mauern, um ihrem Begehren gewaltsam Ausdruck zu verleihen. […]